Der geschichtsträchtige Ort
Die Voelderndorffstraße, nahe dem Scheidplatz.
Der verschattete Ort vor der mit Graffitis überzogenen Rückwand des Willi Graf Gymnasiums an der Voelderndorffstraße, den ein asphaltiertes Sträßlein einbremst, schwingt sich gegenüber dem geteerten Fußweg zum lichten Hügel auf. Luft- und Sonnenhungrige schauen auf dessem Gipfel über den Stadtteil Schwabing West. Die Wanderer atmen auf den Trümmern ihrer zerstörten Stadt.
Der Grünwaldpark
Abstand, schreit die Gesundheit, schreit die Politik, fordern die Virologen. In den Anlagen dürfen wir uns auf Abstand bewegen und miteinander sprechen und ansehen. Nähe und Abstand wurden in der Menschheitsgeschichte stets neu verhandelt. Im 17. Jahrhundert regelte die Obrigkeit mit der Kleiderordnung Nähe und Abstand. Im 18. Jahrhundert träumten die Romantiker von Nähe und Intimität. Die Idee von Individualität wurde künstlerisch ausgetragen. Im 19. Jahrhundert trug man Maske im öffentlichen Raum. Höflichkeit, Distanciertheit, Kosmoplitismus waren angesagt. Im Industriezeitalter entstand Nähe aus Not. Heute laden wir das Privateste ins Interent, möchten aber nicht mit der Großfamilie in einem Raum schlafen. Der Apell zu social Distancing kommt in einem Moment, in dem wir uns näher sind denn je. Wir schaufeln unser Privatestes ins Netzwerk. Zur selben Zeit diagnostizieren SoziologInnen und PsychologInnen den Niedergang tragfähiger Beziehungen. Die technische Nähe höhlt das zwischenmenschliche Vertrauen aus.